Das Harnsystem des Pferdes bezeichnet im Wesentlichen das Zusammenspiel aller sogenannten Harnorgane. Diese werden abhängig von ihrer Morphologie und Funktion untergliedert. Das wohl wichtigste Organ ist die Niere (Ren, renes), die das harnbildende Organ darstellt. Hinzu kommen die harnableitenden Systemteile, welche das Nierenbecken (Pelvis renalis), den Harnleiter (Urether), die Harnblase (Vesica urinaria) und die Harnröhre (Urethra) umfassen. Das Harnsystem umfasst im Groben die Produktion und Ausleitung des Harns, eine Stoffwechselprodukte enthaltende Flüssigkeit. Der Urin des Pferdes ist leicht schleimig mit trüber gelblicher Färbung, welche durch sogenannte Urochrome (Abbauprodukte des Blutfarbstoffes Hämoglobin) entsteht. Wichtige im Urin enthaltene Substanzen sind neben dem Hauptbestandteil Wasser der Harnstoff (Urea), Harnsäure, Kreatinin, Natrium-, Kalium- und Chloridionen, Hormone sowie Abfallprodukte und überschüssige Säuren.
Anatomie und Physiologie
Das Pferd besitzt zwei rotbraune Nieren, die etwa handflächengroß sind und im Schnitt etwa 600-650 Gramm wiegen. Die rechte Niere ist herzförmig, die linke Niere eher bohnenförmig. Während die rechte Niere rechts der Wirbelsäule unter der letzten Rippe platziert ist, rutscht die linke Niere in ihrer Position aufgrund der benachbarten Leber links der Wirbelsäule ein Stück nach hinten unter die Querfortsätze der ersten Lendenwirbel. Die Niere ist von einer schützenden Fettgewebsschicht umgeben, der Capsula adiposa. Unter dieser ist die eigentliche bindegewebige Organkapsel zu finden, die die Niere als eigenständiges Organ abgrenzt. Unter der Kapsel sind die sogenannte Nierenrinde sowie das Nierenmark zu finden. Im Inneren der Niere findet sich ein Hohlraum, der als Nierenbecken bekannt ist. Er dient als Sammelbecken für den von außen nach innen transportierten Harn. Die innere Einbuchtung der Niere beherbergt die zu- und wegführenden Gefäße (Arteria renalis, Vena renalis) sowie den abführenden Harnleiter.
Die Hauptaufgabe der Niere besteht in der Reinigung des Blutes. Hier fungiert die Niere als Entgiftungs- und Filterorgan. So werden in der Niere aus dem Plasma Stoffwechselabbauprodukte, Toxine oder auch Fremdkörper herausgefiltert und als Primärharn weitergeleitet. Dies geschieht im Wesentlichen in den Nephronen, den funktionellen Einheiten der Niere. Diese vielen kleinen Einheiten sind im Bereich der Nierenrinde und des Nierenmarks angesiedelt. Die Harnproduktion setzt sich aus drei wichtigen Schritten zusammen, der Filtration, der Rückresorption und der Sekretion. Das Blut passiert in jedem der Nephrone das sogenannte Glomerulum, ein dichtes Kapillarnetz, das für das Filtrieren des Blutes zuständig ist. Mit Ausnahme von sehr großen Körpern (Proteine, Blutzellen) wird hier eine große Menge an Plasma mit großem Druck hindurchgeschleust. Dieses Filtrat wird nun in der sogenannten Bowman Kapsel aufgefangen und vorerst als Primärharn bezeichnet. Anschließend passiert der Primärharn das sogenannte Tubulussystem (Röhrensystem). Hier findet die Rückresorption von nützlichen Stoffen, wie beispielsweise Aminosäuren, Elektrolyte (Natrium) und einem Großteil des Wassers zurück in den Blutkreislauf statt. Weiterhin werden schädliche Produkte, die im ersten Filtrationsschritt nicht abgefangen wurden in den Harnleiter sekretiert. Beispiele hierfür sind Harnstoff, Medikamente oder auch überschüssige Elektrolyte (Kalium). Der so konzentrierte Sekundärharn wird im nächsten Schritt über die sogenannten Sammelrohre in das Nierenbecken geleitet, von wo aus er in über den Harnleiter in die Harnblase geleitet und schließlich über die Harnröhre ausgeschieden wird.
Die Harnblase des Pferdes ist ein birnenförmiges, etwa faustgroßes Hohlorgan und zeichnet sich durch eine hohe Dehnbarkeit aus. Sie ist fast vollständig in der Beckenhöhle auf dem Beckenbogen positioniert. Die Harnblase gliedert sich in drei Abschnitte (Scheitel, Körper und Hals), ihr Fassungsvermögen beträgt zwischen 3-4 Litern. Der Aufbau der Harnblase ist in drei Schichten zu unterteilen: die innere schleimhautausgekleidete Tunica Mucosa, die muskulöse Zwischenhaut Tunica Muscularis und die äußere Serosa. Die innere Schleimhaut trägt ein sogenanntes Übergangsepithel, was bedeutet, dass dieses in gefülltem Zustand gedehnt wird und wesentlich weniger Zellschichten aufweist, als in ungefülltem Zustand. Das Verschließen bzw. Entleeren der Blase wird durch einen inneren Schließmuskelmechanismus gesteuert, der bis zu einem bestimmten Grad willkürlich gesteuert werden kann. Pro Tag produzieren die Nieren des Pferdes rund 550 Liter Primärharn. Durch die Wasserresorption jedoch scheidet ein Pferd im Schnitt nur rund 3 bis 10 Liter Endharn aus.
Neben der Funktion der Blutreinigung ist die Niere für eine Fülle anderer, meist weniger bekannten, aber dennoch enorm wichtigen Aufgaben zuständig. So reguliert die Niere zu großen Teilen den Salz- und Wasserhaushalt des Blutes und des gesamten Körpers. Weiterhin ist sie in der Lage die osmotischen Druckverhältnisse der Gefäße zu messen und gegebenenfalls zu beeinflussen (Blutdruck). Sowohl die Niere selber als auch die auf ihr „sitzende“ Nebenniere (Glandula Suprarenalis), welche eine paarige Hormondrüse darstellt, ist in der Lage die Ausschüttung oder auch Hemmung verschiedenster Hormone zu steuern (Cortisol - wichtig bei Cushing, Erythropoetin - Bildung der Erythrozyten, Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, Antidiuretisches Hormon - Erhöhung des Blutdrucks).
Mögliche Symptome einer Nierenerkrankung
Bei Rittigkeitsproblemen, Ekzemen oder psychischen Auffälligkeiten denkt kaum ein Pferdebesitzer an Nierenprobleme. Nierenschwächen sind nicht selten, vor allem bei älteren Pferden. Symptome für Nierenprobleme sind meistens zu Beginn recht schwach oder unspezifisch und werden häufig nicht mit den Nieren direkt in Verbindung gebracht. Daher ist ein frühzeitiges Erkennen von Nierenproblemen beim Pferd sehr wichtig, denn einmal geschädigte Nierenzellen können sich nicht wieder regenerieren. Symptome von Nierenproblemen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und in jedem Stadium auftreten. Pferde mit Nierenbeschwerden neigen oft zu Entgiftungsstörungen. Diese können sich auch in Verhaltensauffälligkeiten äußern. Giftstoffe, die von der kranken Niere nicht mehr vollständig abgebaut werden, können die Blut-Hirnschranke durchdringen und Wahrnehmungsstörungen hervorrufen. Ein gelassenes und entspanntes Pferd kann dadurch plötzlich schreckhaft oder ängstlich werden. Aber auch Muskelverspannungen im Rücken- und Beckenbereich sowie geschwollene Beine können ein erstes Zeichen von Problemen der Nieren sein. Auch Fell- bzw. Hautprobleme (z. B. Juckreiz, Ekzem oder Mauke) können mit einer Störung im Leber- und Nierenstoffwechsel in Verbindung stehen.
Symptome bei Nierenproblemen kurz zusammengefasst:
> Veränderte Harnmenge bzw. Harnabsatz
> Pferd riecht unangenehm, manchmal nach Urin
> erhöhte Wasseraufnahme
> verfärbter oder stark riechender Urin
> Schmerzen beim Urinieren
> erhöhte Körpertemperatur
> dicke, angelaufene Beine, Wasseransammlungen bzw. Ödeme
> Verhaltensauffälligkeiten, Unruhe, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit
> verspannte Muskulatur im Rücken- und Beckenbereich
> struppiges, stumpfes Fell und Ekzeme
> verminderte Leistungsfähigkeit oder unerklärliche Lahmheiten
> erhöhte Nierenwerte im Blut
> faltige, trockene Haut (Faltentest)
Um Nierenerkrankungen bei Pferden genau diagnostizieren zu können, sind Blut- und Urinanalysen sowie Ultraschalluntersuchungen erforderlich.
Unterstützen Sie die Niere Ihres Pferdes!
Für die Gesunderhaltung der Nieren als Entgiftungsorgan ist darauf zu achten, jegliche Arten von „Giftstoffen“ zu vermeiden. Für die einwandfreie Funktion der Niere ist außerdem eine angemessene Wasserzufuhr notwendig. Wassermangel hingegen kann zu einer Unfähigkeit des Organismus führen, Abfallprodukte auszuscheiden und kann eine regelrechte Vergiftung von innen heraus bewirken. Ein Pferd sollte je nach Jahreszeit, Größe, Alter und Einsatzgebiet etwa 30-60 Liter trinken. Belastet werden die Nieren dabei nicht nur durch Giftpflanzen oder sonstige Toxine, sondern gleichermaßen auch durch einen Eiweißüberschuss (Hohe Mengen Kraftfutter, junges Gras, Heulage, Heu 2. oder 3. Schnitt) im Futter.
> Bei Nierenproblemen sollte daher dringend ein besonderes Augenmerk auf die Fütterung gelegt werden. Daher sollte darauf geachtet werden, den Proteinanteil in der Futterration demensprechend anzupassen und ggf. zu reduzieren. Nimmt das Pferd zu viel Protein auf, erhöht sich die Harnstoffmenge, die natürlich durch die Nieren ausgeschieden werden muss und zwangsläufig zu einer stärkeren Belastung des Nierengewebes führt.
> Eine dauerhafte Überversorgung mit Calcium kann sich ebenfalls negativ auf die Nieren des Pferdes auswirken. Entgegen vieler Meinungen wird ein Calcium-Überschuss nicht über den Darm, sondern über die Nieren ausgeschieden. Achten Sie daher bei Ihrem Pferd mit einer geringen Kraftfuttermenge auf ein passendes Mineralfutter. Die Fütterung von Luzerne sollte aufgrund des hohen Calciumgehalts minimiert bzw. eingeschränkt werden.
Zur Unterstützung der körpereigenen Entgiftungsfunktion hat sich die Zufütterung von bestimmten Kräutern und Mikronährsoffen bewährt. Birke, Goldrute, Brennnessel oder Löwenzahn sind harntreibende Kräuter, die dem Pferd über einen Zeitraum von 4-6 Wochen verabreicht werden können. Dadurch erfolgt eine erhöhte Wasserausscheidung, sozusagen eine durchspülende Wirkung. Auf diese Weise können auch Giftstoffe ausgeschieden werden. Eine Durchspülungskur kann mehrmals pro Jahr bei Ihrem Pferd durchgeführt. Dadurch tragen Sie nachhaltig zur Nierengesundheit bei und sorgen für einen guten Stoffwechsel beim Pferd. Gleichzeitig wird auch Herztätigkeit und der Kreislauf unterstützt. Dadurch kann die Lymphdrainage verbessert und angelaufenen Beinen und Ödemen vorgebeugt werden.
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